In der
trockenen Region der chilenischen Atacama-Wüste trifft man auf außergewöhnliche
Naturphänomene ebenso wie auf faszinierende Legenden…
Eine davon
erzählt von den beiden eindrucksvollen Vulkanen Licancabur und Láscar,
die sich hinter der Wüstenoase San Pedro de Atacama malerisch und majestätisch
erheben. Zwei Brüder sollen sie sein – und beide verliebten sich einst in die
bezaubernde Vulkan-Schönheit Juriques. Juriques wählte Licancabur als
ihren Liebsten, weshalb Láscar in Trauer verfiel und bitterlich weinte, wobei
seine Tränen schließlich einen großen See in der Talsenke bildeten. Auch
erfüllte immer mehr tiefe Wut Láscars Herz und er begann, Feuer zu speien. Die
ganze Umgegend trocknete daraufhin aus und wurde zur Wüste, aus dem See
entstand eine weiße Salzpfanne, der Salar de Atacama inmitten der
Atacama-Wüste.
Mit seiner
Höhe von 5.920 Metern über dem Meeresspiegel erhebt sich der Licancabur etwa 38
Kilometer östlich von San Pedro de Atacama an der Grenze zwischen Chile und
Bolivien in der „Reserva Nacional de Fauna Andina Eduardo Abaroa“. Er ist
nicht der höchste Vulkan der Welt – dieser Rekord gebührt dem nahezu 6.900
Meter hohen weiter südlich liegenden Ojos del Salado. Dennoch weist der
Licancabur einen Weltrekord auf, denn in seinem Krater liegt der höchstgelegene
Süßwassersee der Erde!
Für die Wissenschaft der Weltraumforschung ist die Kraterregion des
Licancabur hochinteressant, denn es herrschen Lebensbedingungen mit
niedrigem Luftdruck, wenig Sauerstoff, intensiver Ultraviolett-Strahlung und
extremer Kälte, wie sie auf fremden Planeten oder Monden vermutet werden. Der
etwa 5.000 Quadratmeter große See ist aufgrund von Lufttemperaturen bis zu
minus 30 Grad Celsius den Großteil des Jahres von einer dicken Eisschicht
bedeckt, unter der sich eine wärmere Wasserlage ausbreitet, die vermutlich von
der Wärme des Erdinnern erhitzt wird. Es ist erstaunlich, welche Vielzahl an
Flora und Fauna man trotz dieser außergewöhnlichen Umweltbedingungen findet und
welche Mikroorganismen sich im Kratersee entwickelt. Wissenschaftler (beispielsweise
der NASA) erforschen die extremen Lebensbedingungen, unter denen es Menschen
gelingt, hier zu überleben. Sie sollen die Forschung voranbringen in ihren
Überlegungen, ob es Lebewesen z.B. auf dem Mars geben kann, da man dort
dieselben Bedingungen vermutet. Im Dezember 2003 wurde am Gipfel des Licancabur
mit einem UV-Index von 43 die höchste jemals auf der Erdoberfläche registrierte
UV-Strahlung gemessen!
Wenn man den
Gipfel des Licancabur erreichen möchte, kann man geführte Touren in San Pedro
de Atacama / Chile sowie in Uyuni / Bolivien buchen. Der einfachere Weg
führt von der auf bolivianischer Seite direkt vor dem Vulkan gelegenen Laguna
Verde nach oben, denn dort ist der Gipfel meist eisfrei. Von chilenischer Seite
ist ein Aufstieg nur mit genauer Ortskenntnis und deutlich beschwerlicher möglich.
Die dünne Luft der hohen Höhenlage, die weiche Vulkanasche sowie das
scharfkantige Gestein machen den Weg äußerst anstrengend und mühsam. Auf
beiden Pfaden sowie direkt auf dem Gipfel finden sich Überreste von Inkaruinen.
Die Gipfel der Anden – nicht zuletzt solch schöne, ebenmäßig und unerreichbar
scheinende Vulkankegel – wurden einst als Huacas verehrt, heilige Orte, an
denen Priester Zeremonien abhielten und den Göttern Opfer dargebracht wurden.
Wer sich die
Mühe macht, den Unbilden der Höhenlage trotzt und den Aufstieg zum Gipfel
schafft, den entschädigt bei guter Fernsicht ein spektakulärer Blick aus nahezu
6.000 Metern über dem Meeresspiegel auf die fantastische, malerische
Andenlandschaft. Etwas unterhalb ist der breite Krater des Juriques zu
sehen, noch tiefer liegen die bunt gefärbten Lagunen. Auf der chilenischen
Seite fällt der ebenmäßige Kegel des Pilli auf, daneben der etwas höhere
Sairecabur. Auf dem Licancabur kann der Kraterrand bis zur gegenüberliegenden
Seite gequert werden. Dabei müssen nur wenige Höhenmeter Zwischenabstieg
gemeistert werden und belohnt wird man mit dem Blick auf die 3.000 Meter
unterhalb liegende Region rund um San Pedro de Atacama.
Doch auch, wem
solch ein strapaziöser Aufstieg zu heftig ist, kommt voll auf seine Kosten: Der
Licancabur ist aufgrund seiner ebenmäßigen Pyramidenform sowie seiner enormen
Höhe schon von weitem in der Atacama-Wüste zu sehen. Er erhebt sich etwa 3.000
Meter über der Wüstenebene und bietet eine herrliche Kulisse oberhalb des
berühmten Mondtales, des Salar de Atacama und der ganzen Gegend. Auf
bolivianischer Seite ragt er fotogen ca. 1.300 Höhenmeter direkt hinter der
Laguna Verde auf.
Man spricht ja
manchmal von Kraftplätzen – die Region um den Licancabur war dies schon für die indigenen Völker und ist es bis
heute für uns Menschen geblieben.
Ich wünsche
Ihnen ein kraftvolles Frühjahr,
Martina Ehrlich