Man möchte ja gerne mal was Positives vermelden, wenn es ums Klima geht und die Erderwärmung und das Eis sowieso. Aber das wird immer schwieriger: Im März, wenn das arktische Meereis alljährlich seine größte Fläche erreicht, wurde jetzt so wenig Eis wie noch nie gemessen.
14,33 Millionen Quadratkilometer, das ist die Zahl, die verschiedene Institute nun gemeldet haben, die sich mit der Vermessung des Meereises beschäftigen. Wann das Maximum genau erreicht ist, weiß man jedes Jahr erst im Rückblick, nämlich dann, wenn die Fläche wieder abzunehmen beginnt. Irgendwann im März liegt dieser Moment, 2025 war es am 22.
Dass es dieses Jahr einen neuen Negativrekord gibt – man mag das Wort ja wirklich gar nicht – ist nicht überraschend: Schon im Februar war so wenig Eis wie nie gemessen worden, und viel zu warm war es auch, sowohl im globalen Durchschnitt als auch an den Polen: Der Februar 2025 war global der bisher drittwärmste Februarmonat. Schaut man sich an, um wieviel wärmer es geworden ist, hängt es davon ab, was man als Referenz nimmt: Nimmt man die Normalperiode 1991–2020, lagen die Temperaturen um 0,63 °C höher. Nimmt man aber das Niveau der vorindustriellen Jahre 1850 – 1900, so ist der Februar 2025 der 19. Monat in einem 20-monatigen Zeitraum, in dem die Temperatur um 1,5 °C höher als damals liegt.
Neben den gestiegenen Durchschnittstemperaturen gibt es auch interessante gewaltige lokale Ausschläge nach oben: Im Norden Grönlands steht es eine Wetterstation am Cape Morris Jesup, dort werden im Februar durchschnittlich minus 26,4 Grad gemessen. Anfang Februar 2025 kletterten die Temperaturen aber auf einmal sogar in den Plusbereich: 1,3 Grad Celsius zeigte das Thermometer am 2. Februar. Eine außergewöhnliche Messung: In den 44 Jahren zuvor wurden bisher nur viermal überhaupt Plusgrade gemessen. Plusgrade wurden am gleichen Tag sogar in der Nähe des Nordpols gemessen: 0,5 °C meldete dort eine Schneeboje.
Kein Wunder also, dass das arktische Meereismaximum in diesem Jahr ein sehr kleines ist. Es liegt 1,32 Millionen Quadratkilometer unter dem Jahresmittel von 1981-2010, und ist nochmal ein ganzes Stück kleiner als die bisher kleinste Ausdehnung des Jahres 2017 mit 14,41 Millionen Quadratkilometer.
So viele Zahlen. Hängen bleiben muss: Das Eis wird stetig immer weniger, daran hat sich nichts geändert. Das ist nicht gut, denn damit gibt es schon zu Anfang des Sommers weniger Eis, als früher noch in der Mitte des Sommers vorhanden war.
Und: In der Antarktis sieht es auch nicht viel besser aus. Wenn auf der Nordhalbkugel das Eismaximum heranwächst, schmilzt gleichzeitig ja im Süden das Eis im dortigen Sommer. Und das tat es im vergangenen südlichen Sommer ausgiebig: Das antarktische Meereis hat zwar keinen Rekord gebrochen, aber den zweitniedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen erreicht. Und weil das so ist, gibt es also doch noch einen zweiten neuen Negativrekord: Noch nie hat es global so wenig Meereis gegeben, die gesamte globale Meereisfläche ist etwa 2,5 Millionen Quadratkilometer kleiner als das Jahresmittel von 1981 bis 2010. Seufz.
Das Dumme am Meereis ist: Je weniger es gibt, umso wärmer wird es und umso weiter schmilzt das Eis. Das ist dieser Teufelskreis, einer jener sich selbst verstärkenden Effekte der Erderwärmung. Denn das Meereis ist Teil unserer Klimaanlage: Das helle Eis reflektiert sehr viel Sonnenenergie und damit Wärme. Schmilzt das Eis aber und macht Platz für dunkles Wasser, absorbiert dieses Wasser nun deutlich mehr Wärme. So, wie es im Sommer unter einem schwarzen Hut heißer ist als unter einem weißen. Wenn sich die Erde nun zunehmend dunklere Polkappen (ha,ha) aufsetzt, dann wird es auch der Erde darunter immer wärmer. Und 2030 könnte der nordische Hut dann endgültig schwarz – und der Nordpol im Sommer eisfrei sein.
Das sind keine guten Nachrichten. Die gute Nachricht beim Meereis ist aber, dass das Meereis relativ schnell wieder wachsen könnte, würde es kühler werden. Während der Entstehungsprozess von Gletschern ein sehr langer und langsamer ist und über einen langen Zeitraum kühle Temperaturen benötigt, muss es beim Meereis einfach nur richtig kalt werden, und schon kann es wieder da sein. Das Meereis könnte sich also viel schneller erholen als die Gletscher und Eisschilde.
2025 wird glücklicherweise von dem Wetterphänomen El Nina beeinflusst, das die Temperaturen etwas senkt. Vielleicht hilft El Nina dabei, dass aus dem rekordkleinen Maximum nicht noch ein rekordkleines Minimum wird.
Denn irgendetwas Positives möchte man ja schon noch mal vermelden.
Wir lesen uns im Mai!
Eure
Birgit Lutz