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Martina Ehrlich

Ab sofort erscheint auf unserer Homepage immer freitags ein neuer Blog-Beitrag zu den unterschiedlichsten Regionen und Themen rund um Lateinamerika. Martina berichtet Aktuelles, Informatives, Skurriles und Spannendes vom Kontinent des Kolibris, erzählt Geschichten vom Reisen bis hin zu praktischen Tipps für die Vorbereitung Ihrer eigenen Reise.

Vom Kontinent des Kolibris 54 – älteste Stadtsiedlung der „Neuen Welt“

Wenn ich schon mit meinen Blogbeiträgen gerade in der westlichen Küstenwüste Südamerikas weile, darf natürlich die knapp 200 Kilometer nördlich von Lima gelegene Ruinenstätte Caral nicht fehlen. Optisch zählt dieser Ort, der auf einer Wüstenstraße oberhalb des Tals des Rio Supe liegt, nicht zu den spektakulärsten Plätzen der Region, archäologisch und historisch gesehen aber wohl.

Erst 1905 wurde diese erstaunliche antike Stadt zum ersten Mal erwähnt – und zwar vom deutschen Archäologen Max Uhle. Er forschte an der einstigen Mündung des Rio Supe in den Pazifik und begann mit Ausgrabungen in Áspero. Luftaufnahmen aus dem Jahr 1940 vom Historiker Paul Kosok machten auf einen größeren archäologischen Komplex in der Wüste aufmerksam. Seit 1994 gilt Caral als „entdeckt“, seitdem forscht nun die peruanische Archäologin, Anthropologin und Altamerikanistin Ruth Shady Solís im Caral-Tal. Seitdem wurden über 20 Steinbauten, Pyramiden, Zeremonienplätze, Bewässerungskanäle sowie viele Artefakte in Caral gefunden.

Man hat vor Ort gefundene Schilf- und Baumwollnetze mithilfe der Radiocarbon-Methode untersucht und damit die bis dato älteste auf dem amerikanischen Doppelkontinent bekannte Stadtsiedlung datieren können. Wahrscheinlich ist sie zwischen 2600 und 2000 Jahren vor Christi erbaut worden – also zur selben Zeit, in der in Ägypten die ersten Pyramiden entstanden sind. Als Blütezeit von Caral wird die sogenannte „Initialphase“ zwischen 2500 und 2000 Jahren vor Christi angesehen. In dieser Zeit gilt im gesamten zentralen Andenraum ein großer Aufschwung als nachgewiesen, z.B. durch die Einführung von Keramik. In 2009 wurde „Caral-Supe“ auf Antrag von Ruth Shady Solís Teil des UNESCO-Weltkulturerbes.

Die Größe von etwa 620 Hektar Gesamtfläche sowie die Baustruktur der Monumentalbauten lassen auf eine hoch entwickelte Gesellschaftsstruktur mit weitsichtiger Administration schließen. Die in Caral forschenden Archäologen unter der Leitung von Jonathan Haas vom „Chicagos Field Museum“ sprechen davon, dass das Gesellschaftssystem mit Anführern und Untertanen sich in den späteren Hochkulturen der Region weiterentwickelt haben könnte bis hin zum mächtigen Inkareich, das bei der Ankunft der Spanier um die 12 Millionen Menschen und etwa 1 Million Quadratkilometer Territorium umfasste.

Im Gebiet von Caral selbst wird die Einwohnerzahl während deren Hochzeit auf maximal 3.000 geschätzt. Einen Friedhof fand man bis jetzt nicht und es sind auch nur sehr wenige Skelette vor Ort gefunden worden. Warum Caral schließlich aufgegeben wurde, ist ebenfalls nicht bekannt. Man vermutet, dass das zunehmend aride Klima und die Versandung der einstigen Küstenlagunen den Menschen ihre Lebensgrundlage nahm.

Die einstige Stadt weist sechs flache, gestufte, pyramidenförmige Wälle auf, die sich alle um einen sehr großen Platz reihen. Darin befindet sich ein auch als Amphitheater bezeichneter runder, abgesenkter Platz, innerhalb dessen man mittlerweile 32 aus Kondor- und Pelikanknochen geschnitzte Flöten und 37 aus Lama- und Andenhirschknochen hergestellte Hörner gefunden hat. Der größte Wall misst 160 Meter in der Länge, 150 Meter in der Breite sowie 18 Meter in der Höhe auf. Davor befinden sich zwei dreieinhalb Meter hohe Monolithe aus Granit, deren Herkunft noch nicht geklärt ist. Die kleinste Pyramide ist etwa 60 Meter lang, 45 Meter breit und besitzt eine Höhe von 10 Metern. Ausgeklügelte Schutzmaßnahmen hat man beim Bau gegen die häufig vorkommenden Erdbeben der Region getroffen. So wurden in Schilfnetz-Taschen gelegte Steine als Fundamente verwendet, die den Bauten bei Erdbeben einen stabilen, aber doch auch flexiblen Baugrund verschafften. Diese buchstäbliche Monumentalarchitektur von Caral gilt als außerordentlicher Fund, weil man solche Bauten bis dahin nur jüngeren Datums – ca. ab 1500 Jahren vor Christi – zuordnen konnte.

Auch weiß man heute, dass die Menschen in Caral Pflanzenanbau betrieben. Dazu benötigten sie ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem – schließlich liegt Caral mitten in der Wüste! Die einzige naheliegende Wasserquelle ist der Rio Supe. Heute ist das Tal des Rio Supe ausgetrocknet und Caral liegt etwa 25 Kilometer östlich der Pazifikküste. Ruth Shady Solís vermutet, dass auch damals die Wüste schon regelmäßig vom El Niño-Phänomen und damit von Überschwemmungen heimgesucht wurde. Dies ließ die Menschen aus dem Flusstal des Rio Supe auf die Hochfläche ziehen, um dort vor den verheerenden Wasserfluten sicher zu sein. Andererseits müssen die Menschen gelernt haben, sich diese Süßwasserressourcen zunutze zu machen mithilfe der künstlichen Bewässerung. Nachweislich wurden Kürbis, Bohnen und Baumwolle angebaut. Letzteres wurde zum Beispiel für die Herstellung von Fischernetzen gebraucht. Das nahe Meer diente als zusätzliche Nahrungsquelle mit reichhaltigem Angebot an Fischen und Meeresfrüchten.

Sicherlich hält die Wüste bei Caral noch etliche Geheimnisse verborgen. Sie ist bis jetzt noch kein großes Touristenmagnet und liegt eher abseits der angebotenen Reiserouten. Wenn Sie allerdings archäologisch interessiert sind und Caral besuchen möchten, dann reisen Sie am besten über die Stadt Supe an. Von dort aus können Sie sehr günstig mit dem Taxi nach Caral fahren. Steigen Sie in Punte Caral aus und wandern Sie etwa einen Kilometer zum Eingang der Ruinenstätte. – Wie schon gesagt, Caral ist nicht DIE spektakuläre Ausgrabungsstätte in Peru, aber für de Besiedlungsgeschichte der Neuen Welt sind ihr Fund und die Forschung vor Ort ein Meilenstein.

Haben Sie ein schönes Wochenende

Martina Ehrlich

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