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Martina Ehrlich

Ab sofort erscheint auf unserer Homepage immer freitags ein neuer Blog-Beitrag zu den unterschiedlichsten Regionen und Themen rund um Lateinamerika. Martina berichtet Aktuelles, Informatives, Skurriles und Spannendes vom Kontinent des Kolibris, erzählt Geschichten vom Reisen bis hin zu praktischen Tipps für die Vorbereitung Ihrer eigenen Reise.

Vom Kontinent des Kolibris 57 – bodennah und himmelstürmend „2“

„Mit diesen beiden Bezeichnungen könnte man die Vegetation der Puna…“ – so begann der letzte Blogbeitrag und er endete mit „Das war Part „1“ bodennah – nächste Woche möchte ich Ihnen Part „2“ himmelstürmend vorstellen…“.

Wie im letzten Beitrag ausführlich beschrieben, duckt sich die Andenflora in der Regel eng an den Erdboden und sucht dort Schutz vor den Unbilden der nächtlichen Höhenkälte sowie der gnadenlosen Sonneneinstrahlung während des Tages. Welche Mechanismen Pflanzen hier entwickeln können, ist wirklich beachtlich.

Und doch findet man in den Hochlagen der Anden an manchen Orten tatsächlich ganz erstaunliche Gewächse, die diesem Prinzip komplett widersprechen – denn sie wachsen tatsächlich „himmelstürmend“!

Als ich zum ersten Mal Fotos von der Riesenbromelie Puya Raimondii sah, wollte ich sie unbedingt einmal „in Echt“ sehen. Vorher habe ich mich etwas schlau gemacht:

Die „Königin der Anden“ ist benannt nach ihrem „Entdecker“ Antonio Raimondi (1824–1890). Der Italiener war einer der ersten Erforscher der Pflanzenwelt der Anden und hat die Puya Raimonii 1867 „entdeckt“. Eine 1949 im Nachlass vom österreichischen Universalgelehrten Thaddäus Haenke (1761–1816) entdeckte Skizze deutet allerdings darauf hin, dass die Art wohl schon bei Haenkes Forschungen in Bolivien, Peru und Chile aufgefallen war. Die Pflanze gilt als lebendes Fossil auf unserer Erde, stammt aus der Gattung Puya innerhalb der Familie der Bromelien- oder Ananasgewächse. Sie gedeiht in Höhenlagen von 3.500 bis 4.500 Metern über dem Meeresspiegel besonders an sonnigen, von den Bergen gut bewässerten Hängen und ist nur in der Cordillera Blanca sowie an manchen Stellen nahe des Titicacasees zu finden. Sie ist vom Aussterben bedroht.

Bei meinem ersten Besuch der Cordillera Blanca bin ich extra in das Tal gefahren, in dem die Puya Raimondii vorkommt. Was soll ich sagen? – Diese Riesenbromelie wird zu Recht „Königin der Anden“ genannt, denn sie ist einfach eine beeindruckende Erscheinung mit ihrer Höhe von bis zu 12 Metern. Im Alter von etwa 50 bis 70 Jahren besitzt sie einen etwa vier Meter hohen Stamm mit um die sechzig Zentimeter Durchmesser. Der Stamm trägt eine sich in alle Richtungen ausdehnende strahlenförmige Blattrosette mit bis zu drei Metern Durchmesser, aus der sich der bis zu acht Meter hohe Blütenstand emporhebt. Damit besitzt die Puya Raimondii den längsten Blütenstand der Welt und hat es bis ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Es dauert bis zu einem Jahr, bis sich der Blütenstand vollständig gebildet hat.

Die Blütezeit findet in der Regel zwischen Mai und Oktober statt. Dann trägt der Blütenstand acht bis zehn Tausend grünlichweiße Blüten, die später Millionen von Samen produzieren. Man braucht schon etwas Glück, um eine blühende Puya Raimondii zu sehen, denn wann genau sie blüht, hängt jeweils von den Niederschlägen und den Frostnächten ab. Am häufigsten sieht man die verblühte Form der Puya mit ihren schwarzbraunen, wie verbrannt aussehenden aufrechten Säulen, die die reifen Kapselfrüchte tragen, in denen jeweils viele kleine, flugfähige Samen gebildet werden.

Die Blattrosette sitzt wie auf dem Säulenstamm, der wie ein kolossaler, wulstiger Elefantenfuß aussieht. Die lanzenförmigen Blätter sind ein bis zwei Meter lang und etwa sechs Zentimeter breit. Sie können sich in nahezu alle Richtungen gleichmäßig verteilen und es entsteht eine perfekt vollendete Strahlenkugel. Aber Achtung! Damit kein Tier die Puya-Blätter fressen oder zerstören kann, bildet sie keine weichen Blätter, sondern harte Lanzen, die spitz wie Dolche sind und an den Rändern Hakenstacheln besitzen. Diese Hakenstacheln krümmen sich am spitzennahen Teil einwärts und nahe der Basis nach außen. Man muss höllisch aufpassen, dass man sich nicht mit der Kleidung irgendwo verfängt. Man kommt nahezu nicht mehr weg, ohne dass man sich den Stoff zerschneidet. Auch das Anfassen kann höllisch weh tun, wenn man sich schneidet.

Das Außergewöhnlichste dieser Pflanze ist jedoch ihre Standortwahl. In der Puna, wo es keine Bäume mehr gibt und sich die anderen Gewächse am Boden entlang ducken, sich zentrieren, klein und kurz halten, teilweise auf den Blütenstängel ganz verzichten, strebt die Puya unbeirrt und selbstbewusst der Sonne entgegen. Sie wirkt wahrlich majestätisch und man versteht augenblicklich den Beinamen „Königin der Anden“.

Unter den Bauern herrscht der Aberglaube, dass die Puya Raimondii eine fleischfressende Pflanze ist. Dies kommt daher, weil immer wieder Schafe, Lamas oder Alpakas verenden, nachdem sie sich an den Lanzenblättern verletzt haben. Aus diesem Grund – und aus Ermangelung anderer Brennmaterialien – brennen die Bauern oftmals die unteren Blätter der Rosetten ab, wodurch die Pflanze wiederum ihren Schutz gegen die Kälte und auch gegen Tiere verliert. Sie steht leider auf der Roten Liste gefährdeter Arten.

Die Puya Raimondii kann über hundert Jahre alt werden. Dennoch blüht sie nur ein einziges Mal und zwar etwa neun Monate lang, um anschließend langsam abzusterben. Im Sommer 2016 konnte man für einige Monate in der Cordillera Blanca gleichzeitig Hunderte von blühenden Puya Raimondiis bestaunen, was äußerst selten vorkommt! Während der langanhaltenden Blütezeit sieht man oft eine Vielzahl von Andenkolibris und anderen Vogelarten um die riesigen Blütenstände umherschwirren.

Ich war mittlerweile mit Reisegruppen immer wieder bei den „Puyas“, durfte auch etliche davon blühen sehen – und finde dieses Andengewächs auch nach Jahren seltsam irrational fehl an ihrem Standort in der sonst kargen Bergwelt. Aber das macht sie auch so grandios und zu einer wahren „Königin der Anden“.

Haben Sie’s gut bis nächste Woche

Martina Ehrlich

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