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Martina Ehrlich

Ab sofort erscheint auf unserer Homepage immer freitags ein neuer Blog-Beitrag zu den unterschiedlichsten Regionen und Themen rund um Lateinamerika. Martina berichtet Aktuelles, Informatives, Skurriles und Spannendes vom Kontinent des Kolibris, erzählt Geschichten vom Reisen bis hin zu praktischen Tipps für die Vorbereitung Ihrer eigenen Reise.

Vom Kontinent des Kolibris 58 – Flugkünstler der besonderen Art

Wenn die eindrücklichen Puya Raimondiis (siehe letzter Blog-Beitrag) in den Hochanden Perus oder Boliviens blühen, ist das eine wahre Pracht! Die acht bis zehn Tausend grünlichweiß leuchtenden Blüten an dem aufrechten Blütenstamm locken, denn sie wollen bestäubt werden. Doch welche Vögel können dies in Höhenlagen von über 4.000 Meter über dem Meeresspiegel übernehmen?

Südamerika wir auch als „Kontinent des Kolibris“ bezeichnet, weil diese auf dem amerikanischen Kontinent heimische Vogelart es geschafft hat, sich durch außerordentliche Fähigkeiten so an die verschiedensten Naturbedingungen anzupassen, dass sie in nahezu allen Regionen existieren kann. Kolibris vermutet man gemeinhin in tropischen Regen- und Nebelwäldern. Was auch stimmt – dort kommen sie vor, besser gesagt: auch vor.

Ebenfalls verbinden wir mit Kolibris schillernde bunte Farben ihres Gefieders und eine Unzahl an unterschiedlich langen, gebogenen oder eben nicht gebogenen dünnsten Schnäbeln. Außerdem absolut einzigartig und charakteristisch ist ihr unglaublich blitzschneller Flügelschlag, der für unsere Augen in der Regel kaum wirklich wahrnehmbar, stattdessen stark hörbar ist, als würde ein Rieseninsekt um uns herumschwirren.

Der größte aller Kolibri-Arten ist der sogenannte Riesenkolibri oder auch Andenkolibri oder Riesengnom genannt. Er zählt zur Familie der Kolibris – Trochilidae, kann bis zu 22 Zentimeter lang, eine Flügellänge von 14 Zentimeter und ein Gewicht von bis zu 24 Gramm erreichen! Sein Verbreitungsgebiet ist der Andenraum von Südwestkolumbien bis nach Zentralargentinien in Höhenlagen zwischen 1.000 und 4.000 Metern über dem Meeresspiegel.

Und dieser Riesenkolibri ist anders. Er hat ein eher unscheinbares Gefieder und wirkt einförmig dunkel. Bei näherem Hinsehen erkennt man die grünlich-braune Oberseite, braune Flügel, eine hellbraune Brust sowie einen hellen Bürzel. Durch sein für einen Kolibri wahrlich beachtliches Gewicht und die großen Flügel vermag er nicht so zu schwirren wie seine kleineren Verwandten, dafür wirkt er im Flug umso kraftvoller und rasanter. Der grade Schnabel wirkt für einen Kolibri kompakt und kräftig. So saugt der Riesenkolibri den Blütennektar nicht im sonst bei Kolibris typischen „stehenden Schwirrflug“, sondern in der Regel im Sitzen. Sogar kleine Insekten gehören zu seiner Nahrung. Der Riesenkolibri gilt als aggressiver Vogel, der seine Futterplätze gegen andere Arten vehement verteidigt. In seinem Gesamterscheinungsbild ähnelt er unseren Mauerseglern – beide Vogelarten stehen sich wohl tatsächlich verwandtschaftlich sehr nahe.

Sein Nest baut er je nach Höhenlage und der daraus resultierenden Vegetation auf einem Busch, einem Baum, einem Kaktus oder eben auf einer Puya Raimondii. Es wird aus Moos, Flechten, Spinnweben und sonstigem vorhandenen Material gebaut und wirkt eher zu klein für einen Vogel seiner Größe. Zwei Eiern werden ins Nest gelegt. Zu seinen natürlichen Feinden zählen unter anderem Schlangen, Echsen und Vögel – er kann bis zu fünf Jahre alt werden.

Im Flug kann er Geschwindigkeiten von bis zu 50 Stundenkilometer erreichen und er gilt als extrem aufmerksam. Kleinste Veränderungen und Bewegungen in der Umgebung werden als potenzielle Gefahr interpretiert, was Fluchtverhalten und ein Fernbleiben an diesem Ort zur Folge hat.

Ganz aktuell haben neueste Untersuchungen von Jessie Williamson (Cornell Lab of Ornithology in Ithaca, New York) ergeben, dass es sich beim Riesenkolibri jedoch nicht um eine einzige, sondern gar um zwei unterschiedliche Arten handelt! Zuvor ging man von zwei Populationen derselben Art aus: eine wandernde und eine standorttreue Art, die das ganze Jahr über in den hohen Anden lebt. Beide Gruppen schienen ansonsten identisch zu sein – auch vom Aussehen. Bei der Erforschung der wandernden Tiere fand man nun heraus, dass diese von der chilenischen Küste bis zu den peruanischen Anden und zurück über 8000 Kilometer zurücklegen! Dies gilt als eine der längsten jemals gemessenen Flugmigration von Kolibris. Unterschieden werden die beiden neu entdeckten Arten nun als „Nördlicher Riesenkolibri“ (Patagona chaski) und „Südlicher Riesenkolibri“ (Patagona gigas).

Wie Reisende und Bergsteiger müssen die wandernden Riesenkolibris ihrem Körper Zeit geben, um sich während ihres Fluges in die zunehmende Höhenregion der Anden anzupassen und sich an die Sauerstoffknappheit zu gewöhnen. Zur Akklimatisation legen sie auf ihrer Flugreise kleine Pausen in niedrigeren Höhenlagen ein.

Die Lebensräume beider Arten scheinen sich laut Untersuchungen in den hohen Anden zu überlappen – denn die einen leben immer dort und die anderen kommen hier in ihr Winterquartier. Da sie sich auch äußerlich extrem ähnlichsehen, hat sie bisher noch niemand unterschieden und man ging von einer einzigen Art aus. Dabei sind sie „Urvögel“ und bevölkern den Kontinent schon seit vielen Millionen Jahren!

Für bestimmte Andenvölker besitzt der Riesenkolibri einen mythischen Status. In der wüstenhaften Ebene von Nasca stellt eines der Tierbilder einen Kolibri dar -angeblich inspiriert vom Riesenkolibri. Und auf der chilenischen Insel Chiloé herrscht der Glaube vor, dass eine Frau, die einen Kolibri fängt, mit Fruchtbarkeit gesegnet ist.

Zurück zur Puya Raimondii: es sind also die Riesenkolibris, die den süßen Nektar der unzähligen Blüten dieser außergewöhnlichen Andenpflanze trinken und dabei für die Verbreitung sorgen. Die Kolibris brauchen ihre Nahrungsquellen dringend, denn ihr Kräfteverbrauch ist immens! In der Nacht gehen sie nicht auf Nahrungssuche, sondern verfallen dann in eine Art Kältestarre, um weniger Energie zu verbrauchen. Dabei reduzieren sie ihre Stoffwechselprozesse auf ein äußerstes Minimum und funktionieren quasi nur noch auf Sparflamme.

Mir hat mal ein älterer Andenbewohner berichtet, dass er einst in jungen Jahren am sehr frühen Morgen einen „toten“ Riesenkolibri auf dem Boden gefunden hat und diesen wegen der schönen Federn mit nach Hause nehmen wollte. Er steckte diesen in seine weite Hosentasche. Plötzlich bewegte sich das starre Etwas in seiner Hose – der vermeintlich tote Kolibri war durch die Körperwärme des Mannes aus seiner Nachtstarre erwacht und flatterte nun aufgeregt in seinem Gefängnis… Zum Glück konnte der Mann den Kolibri unverletzt wieder frei lassen. Was für ein unglaublicher Flug- und Überlebenskünstler!

Bis in einer Woche

Martina Ehrlich

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