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Martina Ehrlich

Ab sofort erscheint auf unserer Homepage immer freitags ein neuer Blog-Beitrag zu den unterschiedlichsten Regionen und Themen rund um Lateinamerika. Martina berichtet Aktuelles, Informatives, Skurriles und Spannendes vom Kontinent des Kolibris, erzählt Geschichten vom Reisen bis hin zu praktischen Tipps für die Vorbereitung Ihrer eigenen Reise.

Vom Kontinent des Kolibris 59 – eine Knolle voller Power

Egal wo auf der Welt – eine Existent des Menschen ohne Kartoffeln kann man sich kaum vorstellen. In unseren Breiten konsumiert man Kartoffeln auf so vielfältige Weise – Kartoffelpüree, Reibekuchen, Kartoffelsuppe, Salzkartoffeln, Röstkartoffeln, Pellkartoffeln, Kartoffelauflauf, Wilde Kartoffeln bis hin zu Pommes.

Dass Kartoffelpflanzen aus Südamerika stammen, hat sich gemeinhin wohl rumgesprochen. Dennoch hatte ich diesbezüglich vor vielen Jahren meinen ganz persönlichen Aha-Moment: ohne Internet und viel Auswahl an Literatur waren wir als junge ReiseleiterInnen immer auf der Suche nach neuen Informationen aus unterschiedlichsten Quellen zu unseren Reisen. Mein Kollege Martin hatte einen überaus interessanten und für mich persönlich überraschenden Fund gemacht: einen historischen Text zur Geschichte der Kartoffeln, in dem stand, dass im Jahre 1598 im einstigen Schlossgarten der Grafen von Helfenstein in Wiesensteig die ersten Kartoffeln innerhalb Deutschlands gepflanzt worden waren! Ich bin in Wiesensteig aufgewachsen, einem kleinen, eng in einem Tal eingeschlossenen idyllischen Ort am Rande der Schwäbischen Alb. Ich hatte davon noch nie etwas gehört und traute meinen Sinnen kaum, aber da stand es schwarz auf weiß. Heute hängt nahe des Residenzschlosses sogar eine kleine Tafel mit dem entsprechenden Hinweis. Auch steht darauf, dass Kartoffeln damals nicht als Nutzpflanze und Nahrungsmittel, sondern der schönen Blüten wegen als Zierpflanze im Schlossgarten gepflanzt wurden. Solche Erkenntnisse machen die große weite Welt manchmal ganz klein – ich für meinen Teil staune jedenfalls immer noch etwas ungläubig über diese „Geschichte“.

Wildformen der Kartoffel wurden schon vor 8.000 bis 10.000 Jahren gegessen. Davon zeugen Funde aus der Gegend um den Titicacasee in der Hochebene der Anden sowie auf der südchilenischen Insel Chiloé. Verschiedene Andenvölker begannen vor mehr als 4.000 Jahren damit, die Kartoffel zu kultivieren und feldmäßig anzubauen. Die ältesten Nachweise für einen systematischen Anbau der Knolle stammen aus dem ersten Jahrtausend nach Christus. Wie wichtig Kartoffeln für die Andenbewohner waren, erkennt man an vielen kunstvoll hergestellten Keramikgefäßen in Form einer Kartoffel. Die Bedeutung der Knollen war so groß, weil Weizen, Mais und andere Getreidearten in den Anden aufgrund der enormen Höhe nicht gediehen. Das ganze Jahr über gibt es Frostnächte, der Boden ist mager und es kommen lange Trockenperioden vor. Für die Andenvölker war daher die Kartoffel das Hauptnahrungsmittel. Bei den Inkas wurden die Kartoffeln „Papas“ genannt, was so viel heißt wie „Knollen“. Die ersten nachweislich angebauten Knollen wurden in den Anden der Grenzregion des heutigen Peru und Bolivien gefunden. Die Kartoffeln hatten allerdings noch nicht die geschmackliche Qualität wie heutzutage.

Vermutlich um 1560 brachten spanische Seefahrer die ersten Kartoffeln aus Südamerika mit nach Europa. In Italien erhielten sie den Beinamen „Tartufoli“, was als Trüffel ins Deutsche übersetzt wurde. Die weitere Namensentwicklung im Deutschen erfolgte wahrscheinlich über „Tartuffeln“, „Artuffel“, „Artoffel“ bis hin zu unseren heute bekannten „Kartoffeln“. Der Botaniker Caspar Bauhin nannte die Knolle schließlich „Solanum tuberosum esculentum“, was übersetzt „essbarer, knolliger Nachtschatten“ bedeutet.

Auf See schätzte man Kartoffeln, weil sie sich gut lagern lassen und Skorbut verhindern. Auf dem Festland dagegen stießen sie zunächst auf Ablehnung. Kartoffelpflanzen sind Nachtschattengewächse und galten als “Hexenpflanzen”, denn bei den meisten damals bekannten Pflanzen gehen die essbaren Früchte aus den Blüten hervor. Auch die Kartoffel hat oberirdische kirschgroße Früchte, doch deren Verspeisen ruft Bauchschmerzen, Schweißausbrüche und Atemnot hervor. Wurzelgemüse wie Rüben, Radieschen und Zwiebeln hatten früher einen zweifelhaften Ruf. Sie galten als aphrodisierend und eine unterirdische, braune Knolle, die man vor dem Verzehr auch noch kochen musste, galt da erst recht als dubios. Man warf sie roh den Hunden vor und meinte, wenn diese die Kartoffeln nicht anrühren, wie solle solch ein Gewächs gut für den Menschen sein? So kam es, dass die frisch eingesetzten Kartoffeln auf den Äckern des nachts wieder von den Leuten ausgegraben und weggeworfen wurden…

Auch noch etwa zweihundert Jahre nach ihrer Ankunft in Europa waren Kartoffeln fast ausschließlich in den botanischen Gärten sowie in den Lust- und Ziergärten der Fürstenhöfe zu finden und noble Damen schmückten ihre Haare mit den Blüten. Essen wollte die Erdäpfel hingegen niemand. Das starke Bevölkerungswachstum machte jedoch eine neue Nahrungsquelle unabdingbar. Dass die Deutschen die Kartoffeln letztendlich doch irgendwann „lieb“ gewannen, ist Friedrich dem Zweiten von Preußen (1712 – 1786) zu verdanken, der weitsichtig erkannte, welche Bedeutung die Kartoffeln in einer Zeit ständig wachsender Bevölkerung und mehrmaligen Hungersnöten in sich barg. Friedrich der Zweite von Preußen wandte einen Trick an. Er ließ 1740 in Berlin Kartoffelfelder anlegen und ließ diese von Soldaten bewachen – um Neugierde zu schüren und natürlich auch, um nächtliche Diebe abzuhalten. Auch brachte er Rezepte in Umlauf, damit die Menschen den rechten Umgang mit der Knollenfrucht lernten. Alsbald veranlasste dies die Bauern dazu, ihre heimlich entwendeten „königlichen Knollen“ selbst anzubauen. Die Kartoffeln begannen ihren Siegeszug und verschonten Preußen ab 1740 bis nach dem Siebenjährigen Krieg von 1756-1763 vor weiteren großen Hungersnöten.

Heutzutage sind wir uns alle der großen Bedeutung der Kartoffel als Grundnahrungsmittel bewusst. Hinter Weizen und Reis steht die Knolle in der Liste der am meisten produzierten Nahrungsmittel auf Platz drei. Man spricht heutzutage von 5000 kultivierten Kartoffelsorten, die in 130 Ländern der Erde angebaut werden! Außer im tropisch feuchtwarmen sowie im arktischen Klima kann die Knolle überall angebaut werden.

Der 19. August wird als „Internationaler Tag der Kartoffel“ gefeiert, wobei man sagen muss, dass der Ursprung dieses Datums nicht klar ist. In ihrer Heimat Peru wird die Kartoffel traditionell immer am 30. Mai eines jeden Jahres gefeiert.

Goethe war übrigens auch ein großer Kartoffelliebhaber und schwärmte vor allem für eine Kartoffeltorte, die in Rotwein getränkt wurde. Von ihm stammt das Zitat von 1814: „Morgens rund, mittags gestampft, abends in Scheiben, dabei soll’s bleiben, es ist gesund“

Genießen Sie Ihr nächstes Kartoffelgericht! Haben Sie eine Lieblings-Kartoffelspeise?

Martina Ehrlich

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