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Martina Ehrlich

Ab sofort erscheint auf unserer Homepage immer freitags ein neuer Blog-Beitrag zu den unterschiedlichsten Regionen und Themen rund um Lateinamerika. Martina berichtet Aktuelles, Informatives, Skurriles und Spannendes vom Kontinent des Kolibris, erzählt Geschichten vom Reisen bis hin zu praktischen Tipps für die Vorbereitung Ihrer eigenen Reise.

Vom Kontinent des Kolibris 61 – Alpaka oder Lama? – „Alles, nur kein Drama!“

Im Laufe einer Reise in die Bergregionen Südamerikas trifft man irgendwann unweigerlich auf die hier beheimateten höckerlosen Kleinkamele, die sogenannten Neuweltkameliden.

Ich kenne niemanden, der diese hübschen grazilen und auch mitunter recht putzigen Tiere nicht sofort in sein Herz schließt. Nicht umsonst sieht man mittlerweile auch bei uns immer mehr Lama- und Alpaka-Farmen, die Spaziergänge, Therapien sowie Events mit den Kleinkamelen anbieten. Diese Tierart steht bei uns Menschen auf der Beliebtheitsskala weit oben. Sie jedoch in ihrer natürlichen Lebensumgebung in freier Wildbahn zu sehen, ist nochmal ein spezielles, wirklich schönes Erlebnis.

Die ausschließlich in Südamerika vorkommenden Kleinkamele haben gemeinsame Vorfahren mit den viel größeren Altweltkamelen „Trampeltier“ und „Dromedar“. Die Kamele – Camelidae – haben sich aller Wahrscheinlichkeit nach vor etwa 40 Millionen Jahren auf dem nordamerikanischen Kontinent entwickelt und die Altweltkameliden sind dann von dort aus über die Beringstraße nach Asien gesiedelt. Die Ahnen der Neuweltkameliden zogen wohl über die Landenge von Panama nach Südamerika südwärts und entwickelten sich dort zu den heute bekannten Arten.

Es gibt insgesamt vier Arten der Kleinkamele, die mal mehr und mal weniger gut voneinander zu unterscheiden sind und die alle unter dem Namen „Lama“ zusammengefasst werden. Die beiden Wildformen sind das Guanako und das Vikunja. Ergänzt werden sie durch zwei domestizierte Formen – also Haustiere: das Lama und das Alpaka. Alle vier Arten gehören zur Klasse der Säugetiere und mit ihren zwei Zehen zur Ordnung der Paarhufer und zur Unterordnung der Schwielensohler (= Tylopoda). Damit zertrampeln, bzw. beschädigen sie die spärlich bewachsenen Bergregionen der Anden nicht, wie dies heutzutage die von den Europäern eingeführten Pferde, Esel, Ziegen und Schafe tun. Außerdem besitzen sie eine gespaltene Oberlippe, die damit als Greiforgan dient, sowie nachwachsende Schneidezähne, mit denen sie beim hin und her Bewegen des Unterkiefers das Gras sozusagen „abschneiden“ können. Somit ist das Pflücken kleiner Pflanzen am Boden möglich, ohne dass dabei ganze Büschel oder Pflanzen aus dem Boden gerissen werden. Die Kameliden sind also hervorragend für ihren Lebensraum ausgestattet, ohne diesen in irgendeiner Art zu zerstören. Sie sind reine Pflanzenfresser. Die Nahrung wird wenig zerkaut geschluckt und landet zunächst in den Vormagen, um nach dem Wiederkäuen schließlich endgültig verdaut zu werden.

In dieser sowie den kommenden drei Kolumnen möchte ich auf jede einzelne der vier Neuweltkamele eingehen – und beginne heute mal mit dem Guanako mit dem lateinischen Namen Lama guanicoe.

Waren Sie schon mal in Patagonien oder auf Feuerland? Wenn Sie dort ein Kleinkamel gesehen haben, dann war das garantiert ein Guanako. Die Tiere sind in manchen Regionen in den Bergen im Wald sowie in den Ebenen weit verbreitet, man bekommt sie zum Beispiel im Torres del Paine Nationalpark häufig zu Gesicht. Was weniger bekannt ist, sind ihre anderen Aufenthaltsorte z.B. im Nordwesten Argentiniens in den Wüstenregionen des Talampaya Canyons und des Valle de la Luna oder auf der am Atlantikseite liegenden Halbinsel Valdés. Oder an den westlichen Andenhängen Nordchiles, Perus und Ecuadors in Höhenlagen bis zu 3.500 Meter über dem Meeresspiegel. Die Guanakos haben somit ihre „eigenen“ Ausbreitungsgebiete und Höhenlagen und kommen somit den anderen Kleinkameliden nicht in die Quere. Es soll insgesamt etwa eine halbe Million Guanakos geben.

Ihre Erscheinung ist kräftig und durch die langen schlanken Beine und den dünnen Hals doch grazil. Sie sind etwa so groß wie unser europäischer Rothirsch. In Zahlen ist das eine Schulterhöhe von 120 Zentimetern und ein Gewicht von maximal 120 Kilogramm bei einem ausgewachsenen Tier. Der Hauptanteil ihres wolligen Felles kann von staubig-braun über hellbraun bis zu einem kastanienrot reichen – die Farbe variiert je nach Lebensraum. Immer jedoch ist der Bauch weiß und das Gesicht meist „angeschwärzt“. Ihr Fell besitzt unter den längeren Haaren eine kurze Unterwolle, die vor Kälte schützt.

Guanakos kann man einzeln, in lockeren „Junggesellentrupps“ oder als Familienverbände mit einem männlichen Leittier und etwa ungefähr fünfzehn Tieren, die aus mehreren ausgewachsenen Weibchen und deren Jungtieren bestehen, antreffen. Männliche Jungtiere werden vom Leithengst im Alter von zwölf bis fünfzehn Monaten aus der Familiengruppe vertrieben. Diese jungen Männchen schließen sich dann zu lockeren Verbänden zusammen, in denen sie etwa drei bis vier Jahre leben. In Vorbereitung auf die zukünftige Stellung als Leithengst kämpfen die Junghengste immer wieder um die Vorherrschaft in diesen Junggesellentrupps. Fühlt sich ein Junghengst stark genug, löst er sich aus dem Verband und zieht allein durch die Lande und versucht, Althengsten ihre jungen Weibchen abspenstig zu machen. Auch hier gibt es harte Kämpfe, in denen sich die Tiere gegenseitig anrempeln, spucken und beißen. Man kann regelrechte Verfolgungsjagden beobachten. Zudem stoßen die Tiere dann ihr typisches und weit hörbares Wiehern aus. Wird auf diese Weise ein altes Männchen seiner Herde beraubt, bleibt es meistens bis zum Tod ein Einzelgänger.

Im Frühling ist Paarungszeit – auch so ein Schauspiel, das man ab und an beobachten kann. Das Männchen liegt dazu bäuchlings auf dem ebenfalls bäuchlings auf dem Boden liegenden Weibchen und oft schauen die anderen Mitglieder des Familienclans dabei zu – Aufklärung auf Guanako-Art. Die Tragzeit dauert dann bei den Weibchen knapp ein Jahr. So wird also auch im Frühjahr, wenn der harte Winter vorbei ist und es viel frisches neues Gras gibt, ein Junges geboren. Das Muttertier steht dabei und das Junge plumpst auf den Boden. Wie bei unseren Rehen können die frisch geborenen Guanakos sofort aufstehen und noch etwas wackelig und ungelenk umhergehen. Schon nach wenigen Stunden läuft es neben seiner Mutter und folgt ihr auf Schritt und Tritt. Denn dies ist die größte Gefahr für die Guanakos, deren einziger Hauptfeind in freier Wildbahn der Puma darstellt. Guanakos werden 4 bis 6 Monate lang gesäugt, bevor sie sich selbst nur noch ausschließlich mit Gras versorgen. Sie hören und riechen ausgezeichnet, ihre Sehkraft hingegen ist eher schwach. Sie können über einen sehr langen Zeitraum ohne Wasser auskommen, sind aber im Zweifelsfall auch erstaunlich gute Schwimmer. In Küstennähe können sie sogar mit Brack- und Salzwasser auskommen.

Bei Ankunft der Europäer im 16. Jahrhundert gab es in Südamerika schätzungsweise 50 Millionen Guanakos! Und obwohl ihr Fell als nicht besonders hochwertig und ihr Fleisch als nicht sehr schmackhaft gilt, wurden sie fast bis zu ihrer Ausrottung von den Neuankömmlingen bejagt. Das Land wurde aufgeteilt und die Schafzucht wurde ein sehr einträgliches Geschäft. So war das bis dahin friedlich lebende Guanako plötzlich zum Fresskonkurrenten der neu angesiedelten Schafe geworden und wurde massenhaft getötet. Durch Schutzgebiete konnte diesem Abschuss-Wahnsinn Einhalt geboten werden, so dass man heute Guanakos gut beobachten kann.

Alles in allem sind Guanakos sehr anpassungsfähige und sehr genügsame Tiere. Haben Sie schon einmal ein Guanako beobachten können? Sind Ihnen dabei die auffallend schönen langgeschwungenen schwarzen Wimpern aufgefallen?

Nächste Woche geht’s weiter mit den Kleinkamelen…

Herzliche Grüße

Martina Ehrlich

 

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